Im Jahr 1998 rief die Sparkasse Märkisch-Oderland einen Schülerwettbewerb aus. Ziel war es, das noch blutjunge Internet in die Schulen zu bekommen. Also rief man die Schülerinnen und Schüler auf, möglichst ansprechende Webseiten zu entwerfen. Einer der Schüler baute zur gleichen Zeit gerade ein Carport für seine Mutter. Schnell reifte die Idee, beide Projekte miteinander zu verbinden.
Der Bau des Carports wurde im Stil einer Firmenwebseite präsentiert. Das beeindruckte nicht nur die besagte Sparkasse - es fingen auch an, neugierige Bauherren bei der angegebenen Nummer anzurufen. Als diese sich nicht mehr von der Mutter abwimmeln lassen wollten, startete Oliver E. durch: Mit gerade einmal 17 Jahren gründete er seine Carport-Firma - und diese wuchs rasend schnell bis zu Millionenumsätzen. Nach einem heftigen Rückschlag im Jahr 2008 stand Oliver E. aber wieder auf und ist heute noch erfolgreicher denn je. Am Anfang war aber - eine Schülerfirma!
Was ist eine Schülerfirma? - Definition und Zielsetzung
Der Erfolg des brandenburgischen Carport-Werkes ist zwar beeindruckend, dennoch dient er nur bedingt als Beispiel. Um ein Haar wäre das Start-up in einer Katastrophe geendet, inklusive eines Gefängnisaufenthaltes des Gründers.
Dennoch: Das Beispiel zeigt umso mehr, wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schülern wirtschaftlich-nachhaltiges Handeln beizubringen. Damit der Umgang mit dem eigenen Unternehmen möglichst gefahrlos gelernt werden kann, wurde die Rechtsform der "Schülerfirma" gegründet.
Schülerfirmen werden als "schulische Projektarbeit" verstanden. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, eigene Geschäftsideen zu entwickeln und möglichst eigenständig ins Leben zu rufen. Die Schule selbst stellt dabei das rechtliche Dach. Die Minimierung des geschäftlichen Risikos soll schon dadurch erreicht werden, indem als Absatzmarkt nur die Schule selbst und ihr direktes Umfeld dient. Andererseits sind die Geschäftstätigkeiten keineswegs virtuell - gehandelt werden soll stets mit realen oder digitalen Produkten und Dienstleistungen. Hohe Umsätze und Gewinne sind dabei zwar nicht zu erwarten, das ist jedoch auch nicht das Ziel des Projektes. Das wird eher als fachübergreifendes, handlungsorientiertes Lernen verstanden.
Vorteile einer Schülerfirma für Schülerinnen und Schüler
Echte Selfmade-Millionäre teilen sich eine Weisheit: Die Straße ist der beste Lehrer. Was dabei aber häufig ignoriert wird, ist, dass viele enthusiastisch gestartete Unternehmer auf ebenjener landen - und das wegen völlig vermeidbarer Fehler.
Die Idee dieses Schulprojekts setzt genau dort an: Angehenden Entrepreneuren ein Gefühl dafür geben, wo die wirklichen Gefahren beim Umsetzen einer Geschäftsidee lauern. Die können nämlich an völlig unerwarteter Stelle auftauchen. Lieferdienste haben einen täglichen Kampf gegen die Parkkontrolleure und müssen einen Teil des Umsatzes für Strafzettel zurückhalten. Restaurants können an unzuverlässigem Personal oder an Hygienemängeln scheitern. Bei Microgreens kann ein Schädlingsbefall schnell eine ganze Ernte vernichten. Damit aus den Fehlern gelernt werden kann, ohne daraus eine Insolvenz für das ganze Leben zu generieren, dafür steht die Idee des Schüler-Unternehmens.
Wer eine Schülerfirma gründen möchte, der darf experimentieren und der muss organisieren. Das geht alleine oder im Team. Ein Gemeinschaftsprojekt kann zwar einiges an Arbeit beschleunigen, weil Aufgaben verteilt werden. Es sind aber auch Streitigkeiten um Kompetenzen und Ausrichtung der Firma vorprogrammiert. Auch das sind sehr wichtige Lektionen, welche im späteren Leben reines Gold sind.
Letzten Endes ist es aber dann doch immer wieder eine geradezu charismatische Erfahrung, wenn aus den Schülerfirma Ideen tatsächlich erste, reale Umsätze generiert werden. Denn eines steht fest - was sich einmal verkauft hat, das hat sich am Markt bewiesen und kann noch öfter verkauft werden.
Arten von Schülerfirmen - welche Art von Schülerfirmen gibt es?
Dienstleistung und Produktion sind die beiden Grundpfeiler des Unternehmertums. Entsprechend drehen sich auch die Schülerfirma Ideen um diese beiden Säulen. Die Art der Schülerfirma richtet sich deshalb nach der Zielsetzung. Ein Beratungsunternehmen kann sich auf diese Tätigkeit fokussieren und bestenfalls noch Kraft in Marketing und Akquise investieren. Ein Produktionsunternehmen hat jedoch immer auch die Aspekte Handel und Kundendienst zu berücksichtigen. Dafür geben Know-How und Zugang zu Produktionsmitteln eine exklusivere Positionierung gegenüber einem reinen Dienstleister.
Darüber hinaus müssen die Schüler entscheiden, ob sie sich einzeln oder im Team dem Markt stellen wollen. Beides hat Vorteile, jedoch auch Aspekte, die zu berücksichtigen sind.
Wie gründet man eine Schülerfirma?
Um eine Schülerfirma zu gründen, ist das Umfeld von Schule und Eltern als Schirm- und Dachgesellschaft erforderlich. Das Ziel sich dem Markt mit Schülerfirma Ideen stellen zu wollen und daraus Lerneffekte zu generieren, steht im Mittelpunkt - und nicht das tatsächliche Erwirtschaften von großen Gewinnen. Heranwachsende durch das Schülerfirma-Gründen an die Marktwirtschaft heranzuführen, ist ein erklärtes Ziel der Kultusministerien. Dort sind auch entsprechende Leitfäden und weiteres Info-Material verfügbar, an dem man sich mit einem solchen Projekt orientieren kann. Wie bei jeder Firmengründung steht auch beim schulischen Start-up die Vorbereitung und die Entwicklung der Geschäftsidee am Anfang jeden Handelns.
Rechtliche Aspekte - Was muss bei der Gründung einer Schülerfirma beachtet werden?
Um eine Schülerfirma zu gründen, kommen nur OHGs oder Einzelunternehmen infrage. Beide lassen sich mit wenig Geld beim örtlichen Rathaus anmelden. Eine GmbH oder AG kommt aus Gründen des erforderlichen Stammkapitals nicht infrage. Es gäbe noch die Möglichkeit der Limited, welche im Rahmen des "Schülerfirma Gründen" noch einigermaßen akzeptiert werden kann. Grundsätzlich ist diese Gesellschaftsform in Deutschland zwar zulässig, jedoch nicht besonders beliebt.
Sobald ein Unternehmen angemeldet und sich am öffentlichen Markt beteiligt, kommen rechtliche und versicherungstechnische Aspekte ins Spiel. Im Schadensfall ist es juristisch egal, ob es sich um ein Schulprojekt gehandelt hat oder nicht - der Schaden ist passiert und muss reguliert werden. Deshalb sollte jedes geschäftliche Vorhaben mit einer entsprechenden Assekuranz abgesichert werden. Hier zu recherchieren, welche Fälle von der Schulhaftpflicht abgedeckt sind und ab welchem Punkt die Schüler selbst für ihre Fehler gerade stehen müssen, ist ein weiterer Aspekt, der zur Vorbereitung zum Schülerfirma Gründen wichtig ist.
Nicht ganz ignorieren sollte man bei der Schülerfirma auch das Thema Steuer. Das eingangs benannte Beispiel hat gezeigt, dass Schülerfirma Ideen durchaus auch explodieren und sehr interessante Umsätze generieren können. Sobald 410 Euro Jahresumsatz überschritten werden, ist die Schülerfirma keine "Liebhaberei" mehr. Hier sollte enger Kontakt mit dem Finanzamt gehalten werden, damit aus den Schülerfirma Ideen am Ende nicht doch eine unerwartete finanzielle Belastung geworden ist.
Finanzierung einer Schülerfirma - Wie können Schülerfirmen finanziert werden?
Die reine Anmeldung eines Einzelgewerbes oder einer OHG ist mit knapp 20 Euro einfach umzusetzen. Doch der Unternehmensstart verschlingt dennoch zunächst einmal Kosten. Hier kann die Schule selbst mit dem Bereitstellen von Räumlichkeiten und Equipment helfen. Sponsoren, Werbe- und Handelspartner können einen weiteren Teil dazu beitragen. Anteilsscheine zu vergeben, ist im Rahmen eines Schulprojektes eine Idee - jedoch gerät man hier leicht in rechtliche Grauzonen. Bei der Schülerfirma gilt das gleiche wie bei jedem anderen Start-up auch: Der am schnellsten verdiente Euro ist der, den man nicht ausgegeben hat. Hartes Kalkulieren der Preise, Budgetplanung, Make-Or-Buy-Entscheidungen und wirtschaftliches Handeln von Beginn an sind die besten Finanzierer eines Unternehmens.
Organisation und Management - Wie funktioniert die Organisation und das Management einer Schülerfirma?
Idealerweise merken die Schüler selbst, welche Aufgaben in einem Unternehmen zu erfüllen sind. Hier kann die Lehrkraft mit Beispielunternehmen helfen, eine Orientierung zu finden. Die Organisation eines Unternehmens ist erfahrungsgemäß aber - organisch. Das Ziel der Marktbehauptung hat selbst regulierende Eigenschaften. Tatsächlich ist hier das Lernpotenzial am größten. Die Schüler können ihre eigenen Stärken entdecken und gewinnbringend einsetzen. Gebraucht wird hier jeder - vom präzisen Controlling - über ein kreatives Marketing bis hin zur Entwicklung und Qualitätskontrolle. Der Markt selbst sollte hier der eigentliche Lehrer sein.
Marketing und Vertrieb - Wie können Schülerfirmen ihre Produkte oder Dienstleistungen erfolgreich vermarkten und vertreiben?
Die modernen Medien machen es besonders einfach, lokale Aufmerksamkeit zu generieren. Jede Schule hat heute eine eigene Webseite und Vertretungen auf Facebook, Instagram, TikTok und anderen sozialen Medien. Hier können sich die zur Marketingabteilung berufenen Mitglieder der Schülerfirma voll einbringen. Dazu kommen noch die traditionellen Medien wie Plakatwerbung, Flyer oder Prospekte, in denen die Schülerfirma Ideen genau vorgestellt werden.
Erfolgskontrolle - Wie kann der Erfolg einer Schülerfirma gemessen werden?
Erfolg ist messbar. Eine Schülerfirma zu gründen, hat das Ziel, Umsätze zu generieren. Diese lassen sich zählen und mit den getätigten Investitionen gegenrechnen. Dies ist die Basis, um den Erfolg einer Schülerfirma zu berechnen. Darüber hinaus können weitere Indikatoren als Erfolgsmesser herangezogen werden. Vor allem beim Verkauf über das Internet ist die Abgabe von Bewertungen heute üblich. Diese lassen sich ebenfalls auswerten und in die Erfolgsbilanz mit einbeziehen.
Erfolgsbeispiele - Vorstellung von erfolgreichen Schülerfirmen und deren Geschäftsmodellen
Die Realschule in Ehingen hatte für seine Bastelklassen einen Mr Beam Lasercutter angeschafft. Dieses leistungsstarke und nützliche Gerät wurde von einem Team entdeckt und für das Schülerfirma Gründen in Anspruch genommen. Ziel war es, Giveaways, sowie personalisierte Produkte zu entwerfen und lokal zu verkaufen. Die Firma "Ureigen", so nennt sich das Schulprojekt, hat einen Instagram-Account, auf dem Produkte bestellt werden können.
Weitere Schülerfirma Ideen können sein
- Herstellen von Töpferwaren bei vorhandenem Brennofen
- 3D-Druck Design und Dienstleistungen
- Züchten von Microgreens oder Pilzen
- Züchten von Heimchen als Tiernahrung
- Nachhilfe und Bewerbungshilfe für Mitschüler und Absolventen
- Fahrradreparatur und Handel
- Werkzeugverleih
- Repair-Cafés
- Herausgabe einer Schülerzeitung
- Grillstände, Getränkeverkauf, Backwaren.
Tipps für den Aufbau einer erfolgreichen Schülerfirma
Schülerfirma Ideen gibt es viele. Sie müssen sich jedoch stets am Markt behaupten. Die Marktanalyse steht deshalb stets am Anfang einer Geschäftsgründung. Ziel eines jeden Produktes und einer jeden Dienstleistung ist stets, das Leben des Kunden ein bisschen einfacher oder angenehmer zu machen. Die Recherche geht deshalb den konkreten Ideen stets voraus.
Sobald das Projekt feststeht, wird die grundsätzliche Entscheidung gefällt: Will man alles alleine machen oder will man sich Mitstreiter suchen? Als Einzelunternehmer hat man in allen Bereichen die volle Entscheidungsfreiheit - jedoch muss man seine Zeit auch auf alle Aufgaben gleichzeitig verteilen. In einem Team werden die Aufgaben der Schülerfirma zwar auf mehrere Schultern verteilt - die Mitstreiter wollen aber ihre eigenen Ideen einbringen und letztendlich auch ihr Stück vom Kuchen abhaben. Eine hervorragende Methode, um Teamwork zu fördern.
Wenn das Team steht, müssen die Aufgaben verteilt und so klar wie möglich definiert werden. Je präziser der einzelne Teilnehmer der Schüler weiß, wo seine Pflichten und Kompetenzen beginnen und wo sie enden, desto weniger Konflikte sind zu erwarten. Ein Geschäftsführer ist ebenfalls wichtig. Dieser hat beim Team vor allem moderierenden Charakter und er vertritt die Schülerfirma nach Außen.
Controlling ist ebenfalls wichtig. Hier können Mitstreiter, die gut in Mathematik sind, besonders wertvoll sein. Fundraiser und Marketing-Spezialisten sprühen häufig vor Kreativität. Der "Erbsenzähler" holt sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Es geht beim Schülerfirma Gründen schließlich darum, möglichst viel zu lernen. Tatsächliche Profite zu generieren ist dann ein Erfolgserlebnis, das sich alle gemeinsam teilen können. Allerdings sollte der Controller dann auch aufklären, wohin die Umsätze zum Teil geflossen sind. Alleine die Kosten für das Marketing können bei vielen Schülern wertvolle Aha-Momente generieren.